Erneuter Massengentest in Halle
Im Fall Nelli Graf hat die Polizei bereits 1.500 „Freiwillige“ zum Speicheltest geladen – und die Kritik in der Presse blieb aus. Eine einzige Lobhudelei auf diese Maßnahme war zu lesen. Obwohl Gerichte bereits entschieden hatten, dass die Tests rechtswidrig sind. Nun hat sich – oh Wunder – heraus gestellt, dass bei den bisher untersuchten der Mörder nicht dabei war. Was macht also die Polizei? Sie erweitert einfach den Kreis der zu Untersuchenden!
Wenigstens wird dieses Vorgehen heute leicht kritisch in der Neuen-Westfälischen behandelt, die Gerichtsurteile werden erwähnt.
Sehr bedenklich finde ich was Kriminalhauptkommissar Ralf Östermann im Interview äußert Zunächst setzen wir auf Freiwilligkeit, danach versuchen wir die Betroffenen auf anderem Wege auszuschließen Er beschreibt hier schon nahezu die Aufhebung der Unschuldsvermutung. Zuerst mal Verdacht für alle und davon werden dann mit dem Ausschlussverfahren die Unschuldigen aussortiert. Ja, das steht dort. Wir sind uns schließlich recht sicher, dass wir im richtigen Gebiet suchen.“ Er wäre „froh, wenn uns der Gesetzgeber eine strengere Handhabe geben würde“, sagt Östermann, „wir versuchen schließlich, einen Mörder zu finden“. Immerhin suchen wir einen Mörder! Schönes Totschlagargument. Frau von der Leyen hatte ähnliches mit „Denkt doch an die Kinder!“. Wer etwas dagegen sagt ist ein Unmensch oder hat was zu verbergen. Das ist unlauter, Blödsinn und gefährlich, weil vernünftige Argumente gegen solche Massentests damit von vornherein unterdrückt werden.
Ich find’s gut, dass die NW endlich auch mal die tatsächliche Lage zumindest erwähnt, wenn sie nicht schon öffentlich die Polizei für ihr Vorgehen kritisiert.
Ich wußte beim letzten Zitat in dem Artikel nicht, ob ich lachen oder weinen sollte:
›Ermittlungsleiter Östermann ergänzt: »Ich persönlich kann nicht beweisen, dass wir die Daten vernichten. Da zählt nur das Wort. Andererseits: Wie sollte das praktisch ablaufen? Sobald ich mit Hilfe illegal gespeicherter Daten jemandem eine andere Straftat nachweisen würde, die nichts mit dem aktuellen Fall zu tun hat, würde die Speicherung auffliegen. Und damit würde ich mich öffentlich dazu bekennen, gegen Recht und Gesetz gehandelt zu haben. Ein Ding der Unmöglichkeit.«‹
Regelmäßig liest man – etwa in Udo Vetters Law Blog –, daß die Polizei mit Daten arbeitet, die eigentlich nicht (mehr) existieren dürften. In Deutschland gibt es nun einmal nicht die »Fruit of the poisonous tree«-Regelung, die illegale Beweismittel verbietet. Wie oft handeln Polizisten illegal – etwa wenn mal wieder Bürger brutal zusammengeschlagen werden – und dann wird es vertuscht und nicht verfolgt? Sehr wohl ein Ding der Möglichkeit. Leider.