Ein Auge auf die Radler

Die Polizei prüft in einer Aktion die Fahrräder von Schülern. An sich eine gute Sache und unterstützenswert. Ein sicheres Fahrrad ist das A und O im Straßenverkehr, auch die Fahrübungen sind prima. Man übt Gleichgewicht, gucken und verbessert seine Geschicklichkeit. Braucht man alles.

Nur bei einer Sache, da hat der Polizist höchstens die halbe Wahrheit erzählt. Er ist eben Polizist und als solcher muß er dafür Sorge tragen, dass die Gesetzesvorschriften eingehalten werden – egal wie bescheuert die sein mögen.

NW vom 29.09.2006 – Jetzt muss ihr Papa lediglich das Licht austauschen. „Das batteriebetriebene Vorder- und Rücklicht ist zu unsicher. Wenn das ausfällt, hat das Rad keine Beleuchtung mehr“, erklärt Peithmann die Gründe. Und das sei gerade in der kommenden dunklen Jahreszeit gefährlich. Darum gilt: Batterielicht weg, Dynamo wieder dran.

Das Batterielicht ist natürlich hervorragend für das Fahrrad geeignet – und sicher noch dazu. Man steckt es während der Schulzeit in den Tornister und kann sich gewiß sein, auch nach Schulende auf dem Nachhauseweg eine funktionsfähige Leuchte zu besitzen. Die fest montierten Lampen werden schon gerne mal von Vandalen zerstört – alles schon erlebt. Wenn die Batterien leer sind, setzt man einfach neue ein (die man bequem für den Notfall im Tornister mit führen kann) und wenn man ein ordentliches Licht hat, ist das auch noch heller, als die vorgeschriebenen Dynamofunzeln.

Was der nette Herr Schutzmann in seiner etwas unreflektierten Erklärung vergessen hat ist nämlich, dass ein Licht mit Dynamo selbstredend auch nicht mehr leuchtet, wenn es ausfällt! Exakt genau wie die Batterieleuchte. Nur hat man wohl selten einen Ersatzdynmao dabei. Außerdem sind die meisten der standardmäßig verbauten Dynamos an den Baumarkträdern der Schulkinder technischer Müll. Gerade in der kommenden, dunklen Jahreszeit überzeugen diese durch Rutschen am Reifen und dadurch mangelhafte Stromerzeugung, welche dann für unzureichende Beleuchtung sorgt.

Deswegen ist das Batterielicht aus Sicherheitssicht natürlich die bessere Lösung! Der Freund und Helfer hätte das alles sagen können. Danach hätte er ja anfügen können, dass der Gesetzgeber von alledem leider keine Ahnung hat und deswegen diese minderwertigen Funzeln vorschreibt. Und er ist halt dafür verantwortlich, dies zu überwachen, da kann man ihm keinen Vorwurf machen.

Aber was soll man erwarten, die in dem Artikel gegebenen Tipps sind teilweise auch etwas erklärungsbedürftig:

12 Regeln für sicheres Radfahren

1. Benutze – vor allem im Straßenverkehr – nur ein einwandfreies Fahrrad ohne Mängel.
Selbstredend. Was der Zusatz „vor allem im Straßenverkehr“ soll, weiß ich nicht. So große Höfe haben heute wohl die wenigsten, dass sie größere Strecken auf dem eigenen Grund und Boden zurücklegen könnten.

2. Trage auffällige – helle – Kleidung und einen Helm.
Sicher, ein Helm hilft. Wenn einem mal ein Stein senkrecht von oben auf den Kopf fällt zum Beispiel. Diese Styropor-Halbschalen haben jedoch laut Hersteller nur eine Schutzwirkung bis ca. 5 km/h Aufprallgeschwindigkeit. Das ist „im Stand umkippen“. Wenn wir hier von Integralhelmen auf dem Motorrad reden würden – sicher, sofort aufsetzen. Aber diese Plastikschälchen bieten einen zweifelhaften Schutz. Völlig vergessen werden in dem Zusammenhang die Risiken des Helmes: vergrößerter Kopfumfang und Gefahr eines Nackentraumas durch Abrollen, Genickbruch beim Auftreffen durch Kante genau in Schläfenhöhe, Hängenbleiben mit dem Helm (der meist mit reichlich Ecken, Riffeln und Schlitzen versehen ist). Ich will niemandem das Helmtragen ausreden – er soll aber auch die Gefahren bedenken.

Die größte Gefahr ist der Gedanke: "Ich hab‘ ja ’nen Helm auf, mir passiert nix." Und genauso bewegen sich die meisten Helmträger den auch im Straßenverkehr.

Zu bedenken weiterhin, bei Autounfällen (trotz Karosserie drumherum!) und Fußgängerunfällen ist die Kopfverletzungsquote höher als bei Radunfällen. Gibt es irgendwo Empfehlungen als Fußgänger oder Autofahrer einen Helm zu tragen? Oder im Haushalt? Dort wo die meisten Unfälle passieren?

3. Schau immer, bevor du losfährst.
Falsch! Schaue immer! Nicht nur bevor Du losfährst! Sei Dir gewiss, dass jeder andere Verkehrsteilnehmer – vom Fußgänger bis zum Autofahrer – Dich als ärgerliches Hindernis wahrnimmt. Im schlimmsten Fall, bei Autofahrern leider häufig, wirst Du entsprechend behandelt. Du wirst geschnitten, angeschnauzt oder gedrängelt. Benimm‘ Dich so, als wären alle anderen um Dich herum komplette Vollidioten. Dann passiert Dir am wenigsten.

4.Nutze Radwege und verkehrsarme Strecken.
Klar, macht ja Sinn, dort zu fahren wo man aus dem Blickfeld der anderen Verkehrsteilnehmer ist. Auf dem Radweg. Mal ehrlich, würdest Du planen, eine Geradeausspur rechts von einer Rechtsabbiegespur zu bauen, damit jeder der abbiegt den Weg der Geradeausfahrenden kreuzen muß? Natürlich nicht. Radwegplaner bauen sowas standardmäßig! Die meisten Unfälle mit Radfahrern passieren auf Radwegen, man wird einfach nicht mehr wahrgenommen und von abbiegenden Fahrzeugen einfach umgefahren. Oder aber an Einmündungen gerammt (ist mir bereits zweimal passiert). Auf der Fahrbahn passiert soetwas nicht. Ganz einfach deshalb, weil Du gesehen wirst! Natürlich ist es nicht ratsam, auf der Mindener Straße Rad zu fahren, aber sonst fällt mir in Bad Oeynhausen keine Straße ein, auf der ich nicht lieber auf der Fahrbahn unterwegs bin, als auf dem begleitenden Radweg.

In jedem Fall meide zu Deiner eigenen Sicherheit diejenigen Gehwege, die auch für Radfahrer freigegeben sind. Sie sind fast durch die Bank zu schmal und meist nicht zum Radfahren geeignet. Von den Fußgängern dort mal gar nicht zu reden. Die möchtest Du ja nicht umfahren.

Und verkehrsarme Strecken? Tja, die benutze ich auch gerne, wenn sie sowieso auf meinem Weg liegen. Aber Umwege fahre ich deshalb nicht. Du und ich, wir sind beide Verkehrsteilnehmer und benutzen die Straßen, die uns zum Ziel führen.

5. Beachte die Zeichen und Vorschriften.
Halte Dich an alle Regeln, selbstredend. Vergessen wird regelmäßig der Apell an alle anderen Verkehrsteilnehmer.

6. Achte auf Gefahren vor, neben und hinter dir.
Siehe Punkt 3. Verhalte Dich immer so, als wärst Du von kompletten Vollidioten umgeben.

7. Vor Kreuzungen, Ein- und Ausfahrten: Finger an die Bremsgriffe!
Damit man keine richtige Kontrolle mehr über sein Rad hat, oder warum? Fahre vorsichtig, das reicht. Dieser Tipp ist kompletter Blödsinn.

8. Versuche nie, die Vorfahrt zu erzwingen!
Erzwingen darf man nie etwas. Aber lass auch nicht jeden Idioten vor. Genau das führt nämlich dazu, dass irgendwann alle denken, als Radfahrer ist man Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse. Ist sowieso schon fast so. Fahre offensichtlich, mache einen sicheren Eindruck. Eier‘ nicht langsam auf eine Kreuzung zu! Das missverstehen die Meisten und denken Du hältst an. Wenn Du Vorfahrt hast, hast Du Vorfahrt. Halte Dich an die Verkehrsregeln und an Deine Vorfahrt. Provoziere keinen Unfall dadurch, dass Du jemanden ohne Grund vorlässt.

9. Gib deutlich Handzeichen vor dem Abbiegen.
Ja, meinetwegen zeig‘ kurz an, in welche Richtung Du fahren möchtest. Aber um Himmels Willen, lass während des Abbiegens die Hände am Lenker! Ich bekomme jedes mal die Hasskappe, wenn ich sehe wie kleine Kinder bei den Fahrübungen auf dem Schulhof gezwungen werden mit weit ausgestrecktem Arm abzubiegen. Was für eine grandiose Scheiße. Warum müssen die mit einer Hand balancieren, in einer Situation, in der man eh besondere Aufmerksamkeit auf den Verkehr haben muß?

Guck‘ Dich rechtzeitig vor dem Abbiegen um. Siehst Du einen anderen Verkehrsteilnehmer, dann zeige ihm kurz deine Absicht an und ordne Dich danach deutlich erkennbar richtig ein. Fahre also beim Linksabbiegen nicht am rechten Fahrbahnrand, sondern mindestens in der Mitte Deiner Fahrspur. Du wirst dann nicht umgefahren, die meisten Autofahrer sehen Dich am Rand nicht, vor Ihrer Motorhaube schon! Lass‘ die Hände dabei am Lenker, dort wo sie hingehören!

10. Fahre vorausschauend und rücksichtsvoll.
Selbstredend! Siehe Punkt 3 und 6.

11. Schneide keine Kurven.
Ist eh verboten. Muß von daher wohl nicht erwähnt werden.

12. Halte bei Unfällen und hilf!
Seufz, wenn das doch alle machen würden.

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

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