Neue Fahrradbeauftragte in Bad Oeynhausen – Text für das ADFC-Tourenheft
Für das Tourenheft 2019.1 des ADFC Minden-Lübbecke habe ich wieder einmal einen kleinen Text zur Situation in Bad Oeynhausen verfasst. Geschrieben wurde das schon vor ca. einem Monat, aber ich wollte es nicht veröffentlichen, bevor das Tourenheft raus ist.
Seit April 2013 war Frau Linda Noack die Fahrradbeauftragte in Bad Oeynhausen. Seitdem hat sich gerade hinsichtlich der Radabstellanlagen viel getan in der Kurstadt. Rund um den Bahnhof sind etliche Fahrradbügel neu dazu gekommen und auch in der weiteren Innenstadt findet man nun etliche Anlehnbügel an strategisch günstigen Stellen. Auch das “Stadtradeln” und die Aktion “Mit dem Rad zur Arbeit” wurde werblich und organisatorisch begleitet. Seit dem 01. Oktober 2018 ist Frau Noack weiterhin Radverkehrsbeauftragte, nun allerdings in Herford.
Die in Bad Oeynhausen vakante Stelle ist seit dem 01. November 2018 mit Frau Frauke Heidemann besetzt, welche neben weiteren Tätigkeiten im Bereich Verkehrsplanung und Infrastrukturmanagement eben auch die Belange der Radfahrenden in Bad Oeynhausen im Blick behalten soll. Freuen wir uns auf eine angenehme Zusammenarbeit.
Und da gibt es in Bad Oeynhausen noch das ein oder andere zu tun. Viele dringend notwendige Maßnahmen sind bereits eingeleitet. Hier ist zum Beispiel die Entschärfung der Engstelle unter der Werrebrücke der Eidinghausener Straße zu nennen. Nach fast jahrezehntelangem Hin- und Her sind die Planungen eingeleitet und fast 700.000 Euro in den Haushalt eingestellt worden, um dort eine aufgeständerte Plattform zu installieren, welche den Else-Werre-Radweg gefahrlos unter dem Brückenbauwerk entlang führen wird.
Auch die Querung der Flutmulde in Eidinghausen ist noch nicht vollständig instand gesetzt. Wenngleich die Umbaumaßnahmen bereits sichtbar sind, fehlt hier noch eine Erhöhung der Wegstrecke, damit eventuelles Hochwasser nicht mehr auf der Fahrbahn stehen bleibt. Und natürlich sind weiterhin die wenigen benutzungspflichtigen Radwege in Bad Oeynhausen fast komplett in einem desolaten Zustand und bedürfen der dringenden Sanierung oder aber der Umwidmung in Gehwege mit dem Zusatz “Fahrräder frei”. Mit “Sicherheit” hat die Benutzungspflicht ansonsten wenig zu tun.
Nicht zuletzt muss auch kommunikativ gewaltig etwas passieren in Bad Oeynhausen. Kleine Maßnahmen für den Radverkehr werden meist nur stiefmütterlich kommuniziert, große Änderungen wie der Wegfall von Benutzungspflichten von Radwegen an Hauptverkehrsverbindungen werden überhaupt nicht öffentlich mitgeteilt, so dass es regelmäßig zu Belehrungen und teilweise sogar Drohungen und Behinderungen durch motorisierte Verkehrsteilnehmer kommt. Aufklärende Presseberichterstattung könnte hier sicher einiges bewirken.
Andererseits wird sehr medienwirksam berichtet und auf allen sozialen Kanälen informiert, wenn “Erleichterungen” für den motorisierten Verkehr angeordnet werden. So zum Beispiel im Verlauf der 2012 eingerichteten Fahrradstraße in Bad Oeynhausen. Diese folgt u.a. dem Verlauf der Hüffer Straße, welche bereits seit 1976 mit “Anlieger frei” ausgeschildert ist. Das ist aber augenscheinlich erst in den letzten zwei Jahren aufgefallen, als die Polizei angefangen ist, den motorisierten Verkehr in der Fahrradstraße zu kontrollieren. Prompt kam es zu Beschwerden von Bürgern, welche durch die Fahrradstraße hindurch zu anderen Straßen gelangen wollten, weil andere Lösungen als die Durchfahrt zu gefährlich waren.
Und natürlich wird dafür dann sofort eine Lösung gefunden: nämlich die grundsätzliche Freigabe der Fahrradstraße für den KFZ-Verkehr! Vierzig Jahre “Anlieger frei” fallen nicht auf, aber wehe der Radverkehr hat Vorrang. Für den Radverkehr gefährliche Strecken, wie zum Beispiel der benutzungspflichtige Radweg der Eidinghausener Straße, auf dem es gerade in der letzten Zeit wieder sehr häufig “geknallt” hat, sind der Verwaltung seit Jahrzehnten bekannt, aber Lösungen werden hier ganz offensichtlich nicht gesucht.
Es gibt also viel zu tun für die neue Fahrradbeauftragte in Bad Oeynhausen! Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit!
Liegt die Fahrradstraße in einer Tempo-30-Zone? Dann dürfte das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 17.07.2019 – 7 A 7457/17 – von Interesse sein. Das zerpflückt nämlich die Anordnung der Fahrradstraße für den westlichen Teil der Hannoveraner Kleefelder Straße und urteilt, diese Anordnung muß gemäß § 45 (1) Satz 1 StVO zum Schutz des Radverkehrs zwingend erforderlich sein.
Konkret gehören zum Zeichen 244 Fahrradstraße vier Punkte:
1) Anderer Verkehr darf die Straße nicht benutzen, es sei denn, es ist durch Zusatzzeichen erlaubt.
→ Dieses Schutzziel fällt bei einer generellen Freigabe für alle Verkehrsarten weg.
2) Für den Fahrverkehr gilt Tempo 30.
→ Das ist meist der Fall, da für überörtliche Straßen die Anordnung einer Fahrradstraße eh nicht in Betracht kommt.
3) Das Nebeneinanderfahren ist erlaubt.
→ Das Gericht setzt hier ein Meter pro Radfahrer an, also 2 Meter pro Richtung, d.h. die Fahrbahn muß mindestens vier Meter breit sein.
4) Im Übrigen gelten die Vorschriften über die Fahrbahnbenutzung und über die Vorfahrt.
Bei Wegfall von 1) innerhalb entspricht der Fahrradstraße den Bedingungen einer Tempo-30-Zone (Bedingung zu 2). Dies begründet aber keine zwingende Erfordernis im Sinne von 45 (9) Satz 1.
In der Kleefelder Straße kam noch die schmale Fahrgasse hinzu (3 m). Dies beseitige keine Gefahrenlage, sondern verschärfe sie, so das Gericht. Die Anordnung der Fahrradstraße im konkreten Fall in Hannover war demnach aufzuheben.