Schüler im Dooring-Bereich besonders sicher
In der letzten Woche war ich zusammen mit dem VCD in der Lokalpresse zu lesen. Anlass war das Konzept zur klimafreundlichen Mobilität und dessen Umsetzung – die in Teilen auch meiner Meinung nach etwas stringenter erfolgen könnte. Natürlich haben wir aber auch grundsätzlich über den in Bad Oeynhausen sträflich vernachlässigten Radverkehr gesprochen. Unter anderem über die gefährliche Benutzungspflicht an der Eidinghausener Straße. Westfalen-Blatt vom 15.06.2017: Weit entfernt von fahrradfreundlicher Stadt
… In diesem Abschnitt [der Eidinghausener Straße] sehe die Beschilderung aktuell vor, »dass man den Radweg benutzen muss.« Edler: »Im Ausschuss für Stadtentwicklung hat aber auch die Verwaltung erklärt, dass die Nutzung im jetzigen Zustand nicht zumutbar ist.« Sowohl er als auch Dippert sprechen sich dafür aus, die Pflicht durch ein Entfernen des Schildes aufzuheben …
Tatsächlich fährt man dort ausschließlich im Dooring-Bereich der dort ohne Sicherheitsabstand parkenden KFZ auf einem viel zu schmalen Radweg. Trotzdem erwidert die Verwaltung auf unsere Einlassung Westfalen-Blatt vom 17.06. 2017 (leider nur Print): Stadt weist Kritik zurück
… Polizei und Landesbetrieb Straßen-NRW haben sich gegen die Freigabe der Straße für Radfahrer entschieden, auch mit Blick auf die Sicherheit des Schülerverkehrs auf dem Weg von und zur Schule … Sowohl Straßen-NRW als auch die Polizei halten es also für angeraten, mit 30 Zentimeter Abstand an parkenden Autos entlang zu fahren und finden das sicherer, als einen ausreichenden Sicherheitsabstand. Die sich öffnenden Türen reduzieren jedenfalls zuverlässig das Tempo eines Radfahrers. Allerdings zuletzt in Berlin mit tödlichen Folgen. Natürlich kann man dann auf dem Standpunkt stehen, das sei sicher. Dann weiß ich aber ehrlich gesagt auch nicht mehr, was ich zu solchen Leuten sagen soll. Im übrigen bedeutet eine Aufhebung der Benutzungspflicht ja gerade nicht, dass man den Radweg nicht mehr benutzen darf – man muss es nur nicht mehr!
Ganz offensichtlich ist die Polizei und auch Straßen-NRW da nicht so ganz regelfest. Schüler müssen bzw. dürfen bis zu einem bestimmten Alter sogar Gehwege benutzen. Und auch alle älteren Radfahrer – sogar wenn sie Schüler sind – dürfen einen Radweg ohne Benutzungspflichtzeichen benutzen. Spricht überhaupt nichts dagegen. Was hier aber angeregt wird ist, dass man *gezwungen* wird, sich in Gefahr zu begeben. Mithin das Gegenteil von Sicherheit.
Den eigentlichen Grund für die Benutzungspflichten hat die Verwaltung in einem denkwürdigen Interview am 24.04.2012 in der Neuen-Westfälischen genannt. Da ging es zwar u.a. um die Steinstraße, aber das ist ja nun die Verlängerung der Eidinghausener und weist die gleichen „Vorzüge“ auf: Zu Spitzenzeiten fahren hier [Steinstraße / Breitenbachstraße] viele Lkws. Außerdem ist es an der Einmündung Breitenbachstraße zu zahlreichen Unfällen gekommen. Durch die Benutzungspflicht zwingen wir Radfahrer an der Einmündung zu halten und den Autoverkehr durch zu lassen. Damit verringern wir die Unfallgefahr für Radfahrer sowie die Unfallbeteiligung von Radfahrern an der ohnehin gefährlichen Einmündung . Das ist sogar inhaltlich falsch, weil ich als Radfahrer auf dem benutzungspflichtigen Radweg natürlich Vorfahrt vor den KFZ auf der einmündenden Breitenbachstraße habe. Aber der Verwaltung ist bewusst, dass das Autofahrern egal ist und nimmt ausdrücklich in Kauf, dass den Radfahrern die Vorfahrt genommen wird. Das ist schon ein starkes Stück! Ich habe das damals auch schon kommentiert. Allerdings noch nicht alles Weil sie Autofahrern freie Fahrt gewähren und Radfahrer zur Rücksichtnahme zwingen?
Verwaltung 1: Die sind ja auch die Schwächeren, bei einem Unfall würden die die schwereren Verletzungen erleiden.
Verwaltung 2: Natürlich kann man eine solche Regelung losgelöst von der Gefährdungsbeurteilung grundsätzlich in Frage stellen. Aber dann muss man auch neue Prioritäten diskutieren. Will man freie Fahrt für Radler um jeden Preis und dafür lange Verkehrsstaus von Autos in Kauf nehmen? Die pusten ja auch eine Menge Schadstoffe in die Luft und belasten dadurch die Umwelt nicht unerheblich. Man will mit der Benutzungspflicht freie Fahrt für Autos erzwingen und begründet das sogar noch mit Klimaschutz. Als ich das damals gelesen habe, habe ich extra die Redakteurin angerufen und gefragt, ob das wirklich so gesagt wurde. Was mir dann auch bestätigt wurde.
Und leider sind wir fünf Jahre später nicht einen einzigen Schritt weiter!
Hallo.
Schlecht unterhaltene und schlecht geführte Radwege sind nicht zu entschuldigen.
Da muss etwas passieren.
Für die Instandsetzungsmassnahmen muss natürlich die Benutzungspflicht aufgehoben und eine alternative, möglichst geschützte Führung des Radverkehrs gefunden werden.
Eine einfache Aufhebung der B.pflicht ist zwar sehr billig, löst das Problem aber nur für die ’starken‘ Radfahrer. Sie führt deshalb zu einer Entsolidarisierung innerhalb der Radler. Die Mehrheit radelt weiter auf den immer mehr verfallenden Radwegen, die kampagnenstarken Schnell- und Sportradler (zumeist sportlich junge bis mittelalte Männer) haben, was sie willen.
Es ist aber richtig und ich stimme voll zu, radfahrende Schüler sollen und dürfen (ebenso wie alle anderen RadfahrerInnen) nicht im Dooringbereich geführt werden.
Nur hebt Fahrbahnführung dieses Problem erstens nicht auf, sondern verschlimmert es. Kfz sind im Durschnitt mi 1,3 Personen besetzt. Eine Person sitzt immer auf der Fahrerseite. Deshalb geschen die meisten Dooring-Unfälle fahrbahnseitig. Auch der o.a. verlinkte Dooring-Unfall in Berlin geschah fahrbahnseitig.
Zweitens muss man gundsätzlich eine gegen Kfz gerichtete Verkehrspolitik von einer Pro-Fahrrad-Verkehrspolitik trennen.
„Will man freie Fahrt für Radler um jeden Preis und dafür lange Verkehrsstaus von Autos in Kauf nehmen?“ (‚Verwaltung 2‘)
RadfahrerInnen und besonders Schüler sind keine lebenden Poller, die man nach Belieben gegen den unerwünschten Kfz-Verkehr einsetzen kann.
Damit tut man dem Radverkehr nichts Gutes und damit erreicht man auch kein Umsteigen vom Kfz aufs Rad.
Denn diese Politik macht Radfahren unattraktiv.
Für SchülerInnen macht sie Radfahren sogar gefährlich bzw unmöglich, denn erst ab 14 können sie sich aufgrund ihrer kognitiven und sensomororischen Entwicklung am Fahrbahnverkehr beteiligen.
Fahrbahnführung des Radverkehrs schreckt ab und führt zu erhöhtem Aufkommen des Elternbringeverkehrs.
> RadfahrerInnen und besonders Schüler sind keine lebenden
> Poller, die man nach Belieben gegen den unerwünschten
> Kfz-Verkehr einsetzen kann.
Wo habe ich denn davon geschrieben? Im Gegenteil, ich habe sogar erwähnt, dass alle weiter auf dem Radweg fahren dürfen. Deine Ausführungen enthalten leider keinen Ansatz zur Lösung des Problems. Da Du die Gegend aller Wahrscheinlichkeit nicht kennst, ist das auch nicht verwunderlich.
Alternativrouten sind übrigens keine Lösung. Mir wird von der Verwaltung regelmäßig gesagt, ich müsse als Radfahrer auch mal Unannehmlichkeiten und Umwege in Kauf nehmen. Nur: warum? In einem Auto macht mir ein Umweg im Zweifel nichts aus, auf dem Rad schon. Deshalb ist Deine alternative Führung leider keine Lösung.
Ein Aufweitung der Radverkehrsflächen scheidet auch aus – es sei denn, man verzichtet auf alle Parkierungsanlagen. *Ich* habe damit kein Problem, wie realistisch solch eine Umsetzung ist, magst Du Dir selbst beantworten. Bleibt zur Erhöhung der Sicherheit lediglich, dort zu fahren, wo ich gesehen werde und wo *ich* den Abstand zu sich öffnenden Türen bestimmen kann. Wo das ist, magst Du Dir auch selbst beantworten.
Wo ist man denn noch vor dem Missionierungseifer des vorstadtstrizzis gefeit?
Andreas schreibt von der Aufhebung der Benutzungspflicht und vorstadtstrizzi fabuliert hier was von „lebenden Pollern“. Geht’s noch?!
@Andreas
„Schüler im Dooring-Bereich besonders sicher“
Diese Überschrift des Posts suggeriert, dass die von dir vorgeschlagene Fahrbahnführung im (nicht nur nach meiner Meinung, sondern nach Lehrmeinung der Verkehrspsychologie der Kinder) völlig und auch gefährlich falsch verstandenem Sicherheitsinteresse der Schüler erfolgen soll.
Deshalb meine Einlassung.
Denn sichere, Kinder nicht ausschließende (Schul-) Radwege sind die Basis eines nachhaltigen Radverkehrs und einer Verkehrswende. Das sind dicke Bretter, aber sie sind nun einmal zu bohren.
Kinder behalten ihr erlerntes Mobilitätsverhalten oft auch als Erwachsene bei und geben es wiederum an ihre Kinder weiter.
Kinder inkludierende und damit notwendig fehlertolerante Radinfrastruktur war sowohl in den Niederlanden wie in Dänemark die Basis für das urbane bzw kommunale Radverkehrsnetz. Davon sollten wir, die wir eine Verkehrswende für nötig halten, lernen. Die technische Ausführung, die natürlich immer auch von den örtlichen Gegebenheiten abhängt, die ergibt sich aus dieser Grunfhaltung und sollte ihr zumindest nicht widersprechen.
Doch auch von Kindern bis ca 14 Jahren abgesehen: Die Fahrbahnführung des Radverkehrs führt definitiv nicht zu einer erhöhten Sicherheit durch ‚bessere Sichtbarkeit‘.
Diese ohnehin nur im Kfz-Land Deutschland vertreteneTheorie ist in der Praxis schon sehr lange widerlegt. Je besser der Radverkehr baulich und strukturell vor dem Kfz-Verkehr geschützt ist, desto sicherer ist er organisiert. Das zeigen ALLE Erfahrungen weltweit und auch in Deutschland.
@Martin
Eigentlich wollte ich nicht antworten. Aber zu „Missionierungseifer“ dann doch:
‚Ketzer‘ scheinen bei euch schwer auszuhalten sein.
Vehicular Cyclists – Cycling’s Secret Sect
http://www.copenhagenize.com/2010/07/vehicular-cyclists-secret-sect.html