Fahrrad fahren beginnt im Kopf

So war der Vortragsabend am vergangenen Freitag im LWL-Jugenhof an der Burg Vlotho überschrieben. Dr. Ing. Jürgen Göttsche referierte über die Maßnahmen und Erfolge, welche er in der Stadt Marl vorgenommen bzw. erzielt hat und dort einen Radverkehrsanteil weit über 20% erreichte – bei vollständiger Akzeptanz durch die Einwohner.

Dass Radverkehrsförderung mehr und etwas anderes ist, als ingenieurstechnische Leistungen – wie es die PGV Hannover anlässlich einer moderierten Veranstaltung im Rahmen des “Runden Tisches für eine fahrradfreundliche Stadt Bad Oeynhausen” einmal formulierte – erzähle ich schon seit mehr als einem Jahrzehnt. Öffentlichkeitsarbeit, Marketing und Kommunikation sind die Schlüsselworte um das Fahrrad in den Köpfen der Bürger als gleichwertiges Verkehrsmittel zu verankern.

Die Veranstaltung habe ich auf der Seite der Grünen Bad Oeynhausen angekündigt, die Veranstalter – der ADFC Herford und der ADFC Minden-Lübbecke – ebenfalls, in der Presse wurde der Termin nebst ausführlicher Beschreibung erwähnt. Leider hatten sich trotzdem nur rund 30 Zuhörer in den schön gelegenen und sehr ansprechend eingerichteten Jugendhof eingefunden. Ich habe die Vermutung, dass unter den Zuhörern wenige waren, bei denen Herr Dr. Göttsche nicht sowieso offene Türen einrannte. Aus unserer Verwaltung z.B. habe ich niemanden entdeckt – jedenfalls niemanden, den ich kannte. Aus dem Rat und den Fraktionen waren inkl. mir 3 Personen anwesend. Und zwei davon fahren sowieso ständig mit dem Rad und sehen dies als Alltagsverkehrsmittel an.

So gab es denn für mich auch keine Neuigkeiten – was jedoch nicht die Qualität des Vortrages schmälerte. Dr. Göttsche ist ein schneller und ausdauernder, dabei aber auch sehr unterhaltsamer Redner. Nicht alle Dinge, die er in Marl umgesetzt hat, finden meine Zustimmung. So sind benutzungspflichtige Hochbordradwege, die auf einigen Bildern zu sehen waren, sicher nicht der Weisheit letzter Schluß und schon gar nicht Stand der aktuellen Verkehrsphilosophie. Aber die anderen Beispiele sind absolut nachahmenswert – und von mir auch schon mehrfach vorgeschlagen worden. Grünphasen für Radfahrer vor den Autosignalen beginnen, Aufstellspuren an Ampeln vor den Autos usw. … vor allen Dingen aber: Kommunikation und Pressearbeit. Einfach mal sagen, dass es das Fahrrad gibt und dass es tatsächlich benutzbar ist.

Bei einigen Dingen war ich ein bischen erstaunt, dass neben mir ein “Ach, das wusste ich ja gar nicht.” zu hören war – obwohl ich speziell diese Tatsache (Keine Radwege in Tempo-30-Zonen) in den entsprechenden Runden schon zigfach erwähnt habe. Aber was weiß ich schon, ich bin ja kein Dr. und halte Vorträge. Auch das das Fahren auf der Fahrbahn sicherer ist – ich predige das gebetsmühlenartig – war eine komplette Neuigkeit. Naja … ich bedauerte im Verlauf des Abends immer mehr, dass niemand aus unserer Verwaltung und nicht mehr aus dem Rat anwesend waren. Das waren genau die Dinge, die andere Verwaltungen machen und damit Erfolg hatten und haben. Trotz Nothaushalt und knapper Kassen!

Danke an den ADFC für die Veranstaltung und schade, dass er so wenig besucht war.

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

2 Kommentare zu „Fahrrad fahren beginnt im Kopf

  1. “Fahrrad fahren beginnt im Kopf” – richtig
    Und wie sich im Straßenverkehr insgasamt zu verhalten ist, ebenfalls. Da kommt so eine KampfRadler-Aktion gerade richtig. Jetzt kann (?muß?) jeder KampfAutofahrer die KampfRadfarer anhupen, von der Straße drängeln usw.

    Armes Deutschland…

  2. Hallo,

    da ich leider auch in einer radfahrerfeindlichen Stadt lebe, würde mich Material von anderen Städten mit guten Erfahrungen und Beispielen interessieren. Vielleicht kann ich so den ein oder anderen Impuls hier nochmal anders einbringen. Hast du eventuell einen Tipp zu passenden Quellen bzw. Kontakten? Hat Herr Götsche Material freigegeben?

    Beste Grüße,
    FH

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