Muß man irgendwas gelernt haben, um Politiker zu werden?

Steinmeier fordert Verschrottungsprämie für Autos – Tagesschau.de vom 28.12.2008
… Die Branche sei “das Rückgrat unserer Volkswirtschaft”, sagte er der “Welt am Sonntag”. Deswegen müsse die Regierung “mit staatlichen Mitteln Anreize zum Autokauf schaffen” … Eine “Abwrack- oder besser Umweltprämie gehört für mich ebenso dazu wie eine veränderte Kfz-Steuer, gestaffelt nach CO2-Ausstoß”, sagte Steinmeier.
Ich hielt den Steinmeier eigentlich bisher für mit halbwegs Menschenverstand gesegnet, aber der Vorschlag ist doch auch schon wieder Nonsens.

Neuwagen werden nicht gekauft, weil sie zu teuer sind. Nicht nur ein bißchen zu teuer, so ein bißchen wie eine nach CO2-Ausstoß gestaffelte KFZ-Steuer wieder reinbringen würde.

Mal ehrlich, bei wem war die KFZ-Steuer bisher ausschlaggebend für den Autokauf? Die sind *richtig* zu teuer. Ein Auto so wie ich es mir gerne kaufen möchte – und das ist dann ein Mittelklassewagen mit ein bißchen Ausstattung – kostet 25% von dem, was unser Haus gekostet hat. Merkt da noch jemand was? Ich könnte mir nach Steinmeiers Rechnung also ca. 4 Mal im Leben(!) ein neues Auto kaufen. Ob mich da wohl weder eine KFZ-Steuer noch ein Taschengeld für den alten Schrotthaufen interessiert?

Ich kann mir ein neues Auto auch dann nicht leisten, wenn ich statt 150 Euro nur noch 50 Euro Steuer im Jahr zahlen müsste, oder wenn ich (völlig fiktive) 3.000 Euro für meinen Schrott bekomme. Und dann müsste mein Altauto auch erst mal Schrott sein. Denn ich halte es schlicht für Verschwendung und obzön, wenn man einwandfrei funktionierende Dinge zerstört.

Womit wir bei der Zielgruppe einer solchen Abwrackprämie wären. Wer fährt denn so alte Autos, dass sie kurz vor der Verschrottung stehen? Genau. Und kaufen die sich üblicherweise Neuwagen? Richtig. Und natürlich gilt das auch für die kleineren Autoklassen. Wir reden hier doch von der deutschen Automobilindustrie, oder? Es kommt aktuell sehr wahrscheinlich so gut wie nicht vor, dass jemand sein Auto fährt, bis es Kernschrott ist und sich dann einen Neuwagen kauft.

Es bringt also der Konjunktur überhaupt nichts, wenn man für den seltenen (selten für das Individuum) Fall eines Neuwagenkaufs eine Abwrackprämie bietet Das fließt auch bisher nicht in die Kalkulation ein bzw. man verkauft das Altfahrzeug doch auch jetzt schon. Noch weniger interessiert es die Autokäufer, wie hoch die KFZ-Steuer ist. Auch das ist eine eher unbemerkte Ausgabe. Einmal im Jahr bucht halt das Finanzamt ab und man ärgert sich. Am nächsten Tag ist das vergessen.

Und mal ehrlich, warum möchte man Unternehmen Puderzucker in den Arsch blasen, die es in den letzten Jahrzehnten konsequent vermieden haben, für die Zukunft zu planen? Warum gibt es keine Autos, die ohne fossile Brennstoffe fahren? Und damit meine ich *ohne*. Nicht so pseudoumweltfreundliche Elektroantriebe, bei denen der Strom dann eben im Braunkohlekraftwerk um die Ecke erzeugt wird. Was ist mit Wasserstoff? Die Brennstoffzelle funktioniert doch. Da darf der Staat von mir aus fördern. Gerne reichlich. Aber nicht damit “Innovationen” wie ein einseitig schaltbarer Nebelscheinwerfer als “Abbiegelicht” verkauft werden. Oder damit ein 2,5 Tonnen Panzer mit über 200 Km/h auf der Autobahn fahren kann.

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

1 Kommentar zu „Muß man irgendwas gelernt haben, um Politiker zu werden?

  1. Ich werde mir auch kein neues Auto kaufen. Im vergangenen Jahr habe ich nach etlichen Jahren pause wieder damit begonnen relativ regelmässig Rad zu fahren. Okay, ich mache es nach wie vor noch häufig von Wetter und Lust abhängig ob ich per Zwei- oder Vierrad meine Wege erledige. Im nächsten Jahr möchte ich die Radfahrleistung verdoppeln. Das Geld was ich an Steuern sparen WÜRDE, spare ich dann eh schon weil mein Auto in der Garage bleibt. Ausserdem muss neu nicht gleich besser sein.

    Mein Golf hat mich in den letzten fast acht Jahren zuverlässig begleitet. Ich kann ihn auf 6 Liter pro 100 km drücken (Benzinmotor), in ihm habe ich die halbe Wohnung aus diversen Möbelhäusern abgeholt und transportiert und abgesehen von der unschönen Macke in der hinteren Stoßstange ist dem Wagen alles okay. Ich weiss also wofür meine KFZ-Steuer zahle(n muss).

    Ein neuer Wagen in der gleichen Klasse ist a) viel zu teuer weil vollgestopft mit Features die man eh nicht braucht und b) muss ich mir dann Sorgen machen ob das Auto am nächsten Tag noch da steht wo es geparkt wurde. Und wer garantiert mir dass ich nicht ständig in die Werkstatt muss weil ich ein Montagsauto bekommen habe? Vielleicht sollten die Herren Politiker sich mal auf den Konferenzmodus 2.0 besinnen und ihre Beratungen per Webcam und Videostreams abhalten und ihre Dienstwege so weit wie möglich mit dem Rad oder dem ÖPNV zurücklegen. Ich möchte nicht wissen was ein solches Denken und Handeln a) uns Steuerzahlern einspart und b) wie positiv sich das Ganze auf die Umwelt auswirkt.

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