Lametta schützt vor Unfällen?

Hier im Kreis sind in den letzten Wochen tragischerweise mehrere Todesfälle bei Unfällen zwischen Fußgängern und Kraftfahrzeugen zu beklagen gewesen. Sinngemäß heisst es dann immer “zu spät gesehen”, “ungeklärte Ursache” oder auch mal gar nichts … … prallte das Fahrzeug mit einem auf der Fahrbahn stehenden Fußgänger frontal zusammen. Nach eigenen Angaben hatte er den Passanten erst beim Aufprall bemerkt … … erfasste der PKW eine 47-jährige Fußgängerin, die mit ihrem Hund am äußersten linksseitigen Fahrbahnrand stadtauswärts gehend unterwegs war und dem Wagen entgegen ging … … Aus bisher ungeklärter Ursache wurde sie hierbei von einem Pkw Fiat erfasst, dessen 56-jähriger Fahrer aus Vlotho die Detmolder Straße in Richtung Innenstadt befuhr … Und was fällt der Polizei dazu ein? Natürlich! Man soll als Fußgänger, als der schwächste aller Verkehrsteilnehmer, doch bitte mehr auf sich aufmerksam machen, damit der motorisierte Verkehr nicht so sehr aufpassen muss. Schön mit Reflektoren behängen, Neonkleidung anziehen, am besten noch Blitzlampen in die Hand. Man, man, man. Das ganze wird auch noch schön mit einer “Kampagne” ganrniert, bei der mir heute wirklich der Kragen eng wurde.

Liebe Polizei, dass mit der Kleidung scheint eine urbane Legende. Wird zwar immer gerne wiederholt – ist ja auch schön einfach – stimmt aber gemäß einer aktuellen Studie nicht. Man umgeht mit diesen Empfehlungen aber ganz geschickt das eigentliche Problem: die Fußgänger und Radfahrer stürzen sich nämlich nicht vor die Autos, die Autos fahren diese an. Der aktive Part ist also ein anderer. Der aktive Part bei diesen Unfällen bewegt auch das bei weitem größere Gefährdungspotential.

Wann fahrt ihr Kampagnen, die an die Autofahrer gerichtet sind? Wann wird mal großflächig drauf hingewiesen, doch mal über die Schulter zu gucken? Wann wird mal erwähnt, dass das Xenon-Licht nicht dazu da ist, schneller fahren zu können, sondern bei gleicher Geschwindiigkeit die der Autofahrer sich auch mit H4-Licht noch traut, eine bessere Sicht zu haben?

Dem Schwächeren zu sagen, rüste bitte auf, damit andere nicht so sehr aufpassen müssen, ist zum einen frech und zum anderen birgt es in Zukunft auch haftungstechnische Risiken für Fußgänger und Radfahrer. Es geht doch schon los, dass man bei Nichttragen eines Fahrradhelmes eine Teilschuld bekommt. Das wird folgerichtig auch bei Fußgängern passieren, die eine dunkle Jacke tragen, oder – noch schlimmer – keine neonfarbene Warnweste. Merkt euch diese Worte – das kommt. Die Versicherungen haben keine Überschüsse weil sie Geld auszahlen, sondern weil sie es nicht tun. Und dafür ist jeder Grund recht.

Die Polizei macht es sich mit der Ansprache der Fußgänger und Radfahrer ziemlich einfach. Es ist deutlich schwerer, der großen Lobby der Autofahrer sprichwörtlich an die Karre zu fahren und denen den schwarzen Peter zuzuschieben. Letztlich ist aber das der einzige Weg, um tatsächlich die Ursache anzupacken. Denn machen wir uns nichts vor: die Gründe sind entweder nicht aufgepasst oder/und unangepasste Fahrweise. Wenn ich ein Hindernis auf der Fahrbahn nicht rechtzeitig erkenne, dann war ich ganz offensichtlich zu schnell unterwegs. Punkt. Es könnte ja auch ein unbeleuchtetes, liegengebliebenes Fahrzeug sein, ein Felsbrocken der von einer Böschung gerollt ist, eine umgestürzte Mauer, was weiß ich, ein Hindernis eben. Und die sind nicht alle mit Lametta behängt.

In der Fahrschule lernt man, dass man innerhalb des Sichtfeldes zum Stehen kommen muss. Alles andere ist Blindflug. Wenn sich Autofahrer daran halten, dann kann *eigentlich* wenig passieren. Eine alte Frau mit ‘nem Rollator ist jedenfalls kein Hindernis, welches plötzlich auf der Fahrbahn steht und auch die Formulierung “am äußersten linken Rand” macht auf mich nicht den Eindruck, als sei hier etwas unvermittelt passiert. Ja, reflektierende Kleidung wird unter Umständen aus größerer Entfernung wahrgenommen. Nein, das ändert wie gesagt leider gar nichts. Hier wird nur die Verantwortung zu jemandem geschoben, der die eigentlichen Gründe gar nicht beeinflussen kann. Und der nächste Schritt ist dann eine Mithaftung, falls man so “leichtsinnig”, wahlweise “uneinsichtig” ist und sich in normaler Straßenkleidung aus dem Haus traut.

Bei Autos ist es gar kein Thema, dass – je größer desto lieber – diese in matten, dunklen Farben foliert werden oder gleich in völlig unauffälligem grau/silber daher kommen. Aber als Fußgänger/Radfahrer soll ich aufrüsten?

Liebe Polizei, fangt mal an, die richtigen Leute anzusprechen.

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

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