Berufsverkehr mit schrecklichen Folgen

Ein Radfahrer liegt seit Monaten im Wachkoma. Ein Auge hat er verloren, die Chancen dass er jemals wieder aufwacht gehen gegen Null. Verursacht wurde dieser Zustand durch einen Autofahrer, der auf der Kanalstraße bei erlaubten 60 Km/h mit über 70 Km/h mindestens 3 1/2 Sekunden nachdem die Ampel auf rot umsprang (der Gutachter geht eher von 4 bis 5 Sekunden aus) das Signal einfach überfuhr und den Radfahrer frontal erfasste. Der Radfahrer hatte nichts falsch gemacht und überquerte vorschriftsmäßig bei grün die Furt.

Und was kommt bei der Gerichtsverhandlung heraus? Der Autofahrer zahlt 3.250 Euro und weiter nichts. Ein Leben am Ende. Kein Fahrverbot, keine mahnenden Worte. Im Gegenteil, man spricht davon, dass der Autofahrer unbescholten war, kein Raser, dass er sich geknickt zeigt, dass er sein Leben lang mit dem Gedanken daran zurecht kommen muss. Das glaube ich sogar, wäre schlimm, wenn es anders wäre. Der Radfahrer hat kein Leben mehr … und da sagt der Staatsanwalt: Westfalenblatt vom 19.07.2013:
Der Staatsanwalt spricht in seinem Plädoyer von einer »Tragödie«. »Das war Berufsverkehr mit einer schrecklichen Folge. Ich gehe nicht von einem bewussten Rotlicht-Verstoß aus. Und was besonders schlimm ist: Vielleicht wäre der Unfall deutlich glimpflicher abgelaufen, hätte der Radfaher einen Helm getragen.«
Ganz ehrlich? Ich bin stinksauer über solch eine Aussage. Auch nur anzudeuten, der Radfahrer hätte in dem Fall etwas tun können, ist eine Frechheit.

Bei einem Aufprall auf die Seite mit über 70 Km/h nützt ein Styroporschälchen gar nichts mehr. Das sage übrigens nicht ich, sondern die Helmhersteller erzählen mir das. Kein Wunder, dass sich bei solchen Urteilen nichts ändert. Es ist mir völlig egal, ob der Autofahrer im Berufsverkehr auf dem Weg nach Hause war. Als wenn das irgendetwas erklären oder entschuldigen würde. Drei Komma Fünf bis Fünf Sekunden rot? Über 70 Km/h beim Aufprall? Auf einer dem Autofahrer bestens bekannten Strecke – nämlich seinem Arbeitsweg?

Genauso wie sich dieser Autofahrer verhalten hat, erlebe ich es täglich und alles was dazu als Lösung präsentiert wird ist “Helm aufsetzen”? Ich muss kotzen! Wann beginnt man endlich an den Ursachen zu drehen? Warum wird hier nicht ein halbjähriges Fahrverbot verhängt? Das Leben eines Menschen ist aufgrund eines groben Fehlverhaltens zerstört. Himmel, wenn ich eine DVD im Regal falsch angucke bekomme ich Besuch von der Polizei und hier hat man noch deutliches Mitleid mit dem Verursacher?

Es ist nicht so, dass ich glaube hier wurde mit Absicht über rot gefahren. Kein Stück! Das macht die Sache aber nicht besser. Gepennt in mehrfacher Hinsicht und auch noch zu schnell gewesen. Wie kann man da so zurückhaltend sein?

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

2 Kommentare zu „Berufsverkehr mit schrecklichen Folgen

  1. Hallo Andreas,

    die Geschichte die Du aufgreifst ist sehr tragisch.
    Auch ich unterstelle dem Fahrer keine Absicht und eine höhere Strafe für diese “Unachtsamkeit” macht die Sache auch nicht besser!
    Zivilrechtlich wird da vermutlich noch einiges auf den Fahrer zukommen.
    Und mit den Bildern des Unfalls im Kopf ist der arme Tropf vermutlich auch schon genug gestraft!
    Das unschuldige Opfer dieser Unachtsamkeit ist zeitlebens gestraft.
    Wer frei von Schuld, werfe den ersten Stein!

    Ich denke, der Ansatz ist falsch.
    Die Mindener Straße ist eine sehr gefährliche Strecke, vom Ortseingang bis Ausgang.
    Sie ist gut ausgebaut und geschwindigkeitsbegrenzt. Von beiden Seiten führt eine Autobahn heran, d, h. das viele Autofahrer noch im “Rausch der Geschwindigkeit” stecken.
    M. E. müsste viel häufiger die Geschwindigkeit kontrolliert werden. Jede Ampel müsste einen “Rotblitzer” oder Kamera haben und Strafen, gerade von LKWs die mit Geschwindigkeitsüberschuss über so eine rote Ampel brettern sofort abkassiert werden!! (“Mit 40 Tonnen im Genick konnte ich einfach nicht mehr bremsen!”
    Du hast diese “Schwachmaten” ja schon in Deinem Blog an anderer Stelle per Video dokumentiert.
    Die Strafen für den “Kavaliersdelikt” “Überfahren einer roten Ampel” sind viel zu gering.
    Warum in der Richtung nichts unternommen wird ist mir ein Rätsel.
    Welche Lobby steckt dahinter?
    Liegt es nur an zu wenigen Personal, die kontrollieren?
    Was muss noch passieren, damit ein Umdenken stattfindet?
    Es ist schon ein Kreuz mit der “Mindener”!
    Gruß
    Martin

    P.S.: Rote Ampeln werden übrigens nicht nur an der Mindener überfahren. Auch morgens an der Ampel Weserstraße/ Niederbecksener Straße zählt eine Rote Ampel nicht wirklich viel.
    Da habe ich als Radfahrer auch schon haarsträubende Geschichten erlebt!
    Es wird sich erst was ändern, wenn es im Geldbeutel weh tut und Rotlichtsünder in flagranti erwischt werden!

  2. Dem Autofahrer keine Absicht zu unterstellen ist genauso weltfremd, wie die Bewertung des Staatsanwaltes was die Schuld des Fahrers angeht! NATÜRLICH HAT DER AUTOFAHRER BEWUSST DAS ROTLICHT IGNORIERT! Wer zu schnell fährt und dabei auch noch eine rote Ampel “übersieht”, stellt damit unter Beweis, dass er charakterlich ungeeignet ist, ein Kraftfahrzeug zu führen!

    Nicht weniger Schuldig an diesem Fall von fahrlässiger Tötung mithilfe eines Autos sind die Straßenverkehrsbehörden und der Gesetzgeber. Tempo 50 in Städten ist bereits viel zu schnell, unverantwortlich und menschenfeindlich! Mangelnde Kontrollen und viel zu niedrige “Strafen” sorgen dafür, dass sich kaum ein Autofahrer an die Verkehrsregeln hält.

    Es ist unerträglich, dass Autofahrer in Deutschland machen können, was sie wollen und dabei auch noch politischen Schutz genießen!

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