Nedap-Wahlmaschinen in Bad Oeynhausen

Heise-Newsticker vom 13.11.2007, 11:19
Der Wahlausschuss des Rates der Stadt Bad Oeynhausen hat der Stadt einstimmig die Anschaffung von 28 Wahlcomputern des niederländischen Herstellers Nedap empfohlen. Die Empfehlung sei das Ergebnis des als “vollen Erfolg” bezeichneten Einsatzes von Nedap-Wahlgeräten bei der Landratswahl vor einem halben Jahr …

Wenn man kindergartenmäßiges “Erster, erster! Und Du bist Letzter-Verpetzter!” als vollen Erfolg bezeichnet, dann war es sicher so. Die sehr schmeichelnd mit “mäßig” zu beschreibende Wahlbeteiligung lag sicher nicht an Geräten. Die Ausführenden waren offensichtlich nicht alle dieser Meinung und ich als Wählender auch nicht. Ich habe einfach kein Vertrauen in die(se) Technik.

Gab es nicht in Florida bei einer Präsidentschaftswahl Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit elektronischen Wahlmaschinen? … um es mal diplomatisch zu sagen.

… aus dem gleichen Artikel
Die Stadtverwaltung gehe davon aus, dass sich die Investition bei einer garantierten Lebensdauer von 20 Jahren und mindestens 25 planmäßigen Wahlen nach zehn bis zwölf Jahren bezahlt gemacht habe. Sollten die erforderlichen Mittel von insgesamt 137.200 Euro im Haushalt bereitgestellt werden, würden die Geräte erstmals bei der Europawahl 2009 zum Einsatz kommen.

Die Begründung für die Einführung dieser Maschinen macht mich stutzig. 137.200 geteilt durch 12,5 (25 Wahlen in 20 Jahren sind 12,5 in 10 Jahren) macht: 10.976 Euro. Geld, dass man je Wahl einsparen muß. Laut Stadtverwaltung geschieht dies durch Reduzierung der Wahlvorstände von 8 auf 5 (wahrscheinlich je Wahlbezirk), davon haben wir 26. Wenn ich richtig gezählt habe, an den Briefwahlbezirken wird sich ja nichts ändern, eher werden dort mehr Leute benötigt. 26 mal 3 sind 78.

Das würde bedeuten, dass jeder Wahlvorstand ungefähr 140 Euro je Wahl kostet. Für Verpflegung, Rekrutierung und Entschädigung, wie die Verwaltung verlautbart. Ahja. Ich denke, da muß dann organisatorisch einiges gestrafft werden. Für Entschädigung und Organisation rechne ich mal 40 Euro, das bedeutet ein Wahlvorstand isst am Tag für 100 Euro! Kam mir bei meiner Briefwahlauszählung nicht so vor. Die Schnittchen waren zwar sehr lecker, aber keine 100 Euro wert.


Funktioniert auch in 20 Jahren noch: Wahlurne!

Und dann sind da noch zwei Zahlen, die die ganze Rechnung oben ad absurdum führen. Nutzungsdauer 20 Jahre? 25 Wahlen in der Zeit? In welchem Paralelluniversum bitte? Wie lange ist denn die Halbwertzeit eines durchschnittlichen Rechners heutzutage? Wer (außer Spinnern wie mir) kann seine vor 20 Jahren erstellten Datenträger mit der Originalhardware noch einlesen? Wer hat die überhaupt noch? Glaubt wirklich irgendjemand bei der Stadt Bad Oeynhausen, dass die Geräte (im Gegensatz zu den Wahlurnen) in 20 Jahren noch eingesetzt werden können und werden? Liebe Leute, ihr müsst jetzt tapfer sein: den Weihnachtsmann gibt es auch nicht!

Und dann “25 Wahlen”? Mehr als eine pro Jahr? Ich habe jetzt kein Gedächtnis wie ein Sieb, aber in der Vergangenheit waren das nicht so viele. Kommt da eine Wahlschwemme auf uns zu?

Und nun mal überlegt, was passiert wenn wir die Maschinen nicht kaufen. Dann müssen wir gar nichts einsparen, weil wir nichts ausgegeben haben! Hervorragend! Und die Urnen werden einfach weiter benutzt – frisst kein Brot.

Von der kompletten Unsicherheit der ganzen elektronischen Geschichte, den garantiert vorhandenen Manipulationsmöglichkeiten oder der fehlenden Vertrauensbasis rede ich gar nicht. Mir reicht schon, dass hier bei der Begründung für die Anschaffung so viel Fragwürdiges erzählt wird.

Jedenfalls gibt es jetzt einen dauerhaften Briefwähler mehr.

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

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