Sauteures Film”vergnügen”

Früher, als ich noch jung war und Nachwuchs 1.0 als Quark im Regal stand, war ich häufig im Kino. Mindestens einmal in der Woche, manchmal häufiger und teilweise auch zwei Vorstellungen direkt hintereinander. Damals kostete mein DVD-Player 899 Deutsche Mark und der Umbau auf codefree noch einmal 100 DM dazu. Das Verhältnis Kino zu Heimkino passte noch. Ich fand es “besonders” ins Kino zu gehen. Das Bild war größer, der Ton war besser. Vor allen Dingen als es noch Kinos wie das Atrium oder das Capitol gab. Das waren noch richtige Kinos! Auch damals war ein Kinobesuch schon nicht billig: 12 DM für Shakespeare In Love im Capitol Bielefeld, April 1999.

Sofaecke im Keller
Aber es war halt immer noch günstiger, als sich den Film zu kaufen. Zumindest wenn man den Film bei Erscheinen der DVD haben wollte – und das war dann auch noch deutlich später als der Kinostart.

Ich gehe längst nicht mehr so häufig ins Kino. Das “muss ich am ersten Wochenende sehen”-Gefühl ist gar nicht mehr da und Filme sind weniger Monate nach Kinostart auch auf Bluray oder per Stream erhältlich. Die meisten Leute sind im Kino, um die Zeit bis zur Disco zu überbrücken. Zumindest kann man den Eindruck gewinnen, wenn man sich die Beschäftigungen des Publikums während des Films so ansieht. Dementsprechend fehlt auch die Stimmung des Besonderen. Die Technik für zu Hause ist ebenfalls nicht mehr unerschwinglich und in meinem Bekannten- und Kollegenkreis bin ich längst nicht mehr der Einzige mit Beamer und Leinwand im Wohn- oder sogar einem speziellen Filmzimmer.

kleine Star-Wars-Sammlung
“Besonders” ist an einem Kinobesuch heute also weder das Gefühl, noch die Technik. Lediglich die Größe des Bildes kann vielleicht noch ein wenig beeindrucken. Alle Gründe aus denen ich früher fünf, sechs- oder siebenmal im Monat in ein Lichtspielhaus gepilgert bin, gibt’s nicht mehr. Also gehe ich nur noch für Filme ins Kino, bei denen ich wirklich am Film interessiert bin. Und inzwischen muss ich dafür über 13 Euro ausgeben – für einen 2D-Film!

So auch heute für Rogue One: A Star Wars Story. Nachwuchs 1.0 wollte unbedingt rein und ich bin durchaus ein bisschen Star-Wars-affin und ich habe die fast 30 Euro für einen Kinobesuch investiert. Wir haben uns von Alex und Nachwuchs 2.0 zum UCI in Bad Oeynhausen chauffieren lassen und ich bin mit den Krücken Unterarmgehhilfen die Stufen zum Foyer hoch gehumpelt, um danach die vielen Stufen bis zur VIP-Reihe im Saal 7 hoch zu hüpfen. Und dann freuten wir uns auf den Beginn des Films.

Für 27.40 Euro bekommt man vor dem Film übrigens erstmal eine Viertelstunde komerzielle Werbung gezeigt. Richtig, dafür gehe ich ins Kino, damit ich Werbung angucke. Und damit meine ich nicht die Filmtrailer, die will ich sehen! Bereits während der Spots machte die Surround-Box hinten link – unter welcher wir direkt saßen – durch unerträgliches Gekrächze auf sich aufmerksam. Das war während der Werbung, der Trailer und auch während des Films so.


Warum ich nicht raus gegangen bin und einen der Angestellten auf den Fehler hingewiesen habe? Nun, ich habe eine Orthese am Bein und bin mit Krücken unterwegs. Da holpere ich nicht im Dunklen Stufen in einem Kinosaal runter. Und ich schicke auch keinen 13jährigen Jungen raus, der sich ein Loch in den Bauch gefreut hat, den Film zu gucken und der vom Personal wahrscheinlich nur mitleidig angesehen worden wäre, hätte er sich über die mehr als mangelhafte Tonqualität beschwert.


Beim Rausgehen habe ich dem Kartenkonrolleur das Problem geschildert und er meinte dann auch nur, ich hätte doch gleich raus kommen können. Die Krücken auf die ich mich stützte ignorierte er. Andere hätten im übrigen auch Bescheid gegeben und der Vorführer ist schon an der Sache dran. Leider habe ich das schon ganz schön oft gehört.

Und genau das ist der Grund, warum ich nicht mehr so oft im Kino bin. Zu Hause ist das Bild im Verhältnis fast gleich groß wie im Kino, der Ton ist klar und ich habe alle Bequemlichkeit, die ich möchte. Außerdem ist es wesentlich günstiger. Liebe Kinobetreiber, vielleicht bekommt ihr es ja mal wieder hin, dass die Gründe aus denen ich vor einem Jahrzehnt noch so häufig bei euch war, wieder in den Fokus rücken.

[Update 31.12.2016]
Das UCI macht nach den Vorstellungen offensichtlich automatisiert Qualitätsmanagement und fragt die Zufriedenheit per Internet ab. Da mache ich doch gerne mit :-)
Zum wiederholten Male war eine Vorstellung technisch nicht in Ordnung.

Der Hinweis des Personals am Ausgang, ich hätte doch während der Vorstellung raus kommen können, war in diesem Fall wenig hilfreich, da ich mit einer Orthese am Bein und Krücken nicht in einem dunklen Kinosaal von ganz oben die Treppe runter humpele. Und hätte ich meinen 13jährigen Sohn geschickt, wäre der sicher sehr erfreut gewesen, etwas vom Film zu verpassen und Ihre MItarbeiter nehmen Kinder sicher sehr ernst, wenn diese sich über mangelhafte technische Ausstattung beschweren.

Fast 30 Euro für zwei Karten in einem 2D-Film und dann so eine Vorstelliung sind nicht das, was ich mir unter einem Kinobesuch vorstelle. Das soll etwas besonderes sein, und nicht Fastfood. Inzwischen ist es aber angenehmer, im eigenen Wohnzimmer über Netflix, Prime und Co. Filme zu streamen, als für die technischen Mängel in einem Kino teuer zu bezahlen und dann auch noch Werbung serviert zu bekommen.

Andreas Edler

Leider waren nur 1.000 Zeichen übrig und ich musste meinen Text etwas kürzen, habe dafür aber zugestimmt, dass man mich zu dieser Umfrage kontaktieren darf.

Über

Ich schreibe hier über Fahrrad(politik), Politik an sich, Technik, unsere Familie und alles was mich sonst so bewegt.

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